Hallo,
ein brachenfremder IT-Spezialist empfiehlt meinem Kunden, den MO-Server "in der Microsoft Azure-Cloud" zu betreiben.
vorweg die Frage: was soll das bringen bzw. was ist der Sinn dahinter? Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Cloudabo auf Dauer günstiger ist, als einmalig einen Server für einige 100€ zu kaufen, der dann normalerweise viele Jahre lang problemlos seinen Dienst verrichtet. Wenn Sie Redundanz wollen, kaufen Sie eben zwei oder drei Server und replizieren lokal, kein großes Problem. MO braucht auf Seiten des Servers keine riesigen Hardwareanforderungen, bloß der Festspeicher sollte schnell genug sein (gute M2-SSD) und es muss genug Arbeitsspeicher vorhanden sein (32 GB kriegt man heute aber quasi überall hinterhergeworfen). In der Regel reichen also auch Consumer-PCs aus (wir haben hier z.B. u.a. zwei Intel NUC-Mini-PCs als Server im Einsatz, läuft wunderbar), und das reduziert die Kosten je Rechner deutlich, was dann erlaubt, entsprechende Redundanzen aufzubauen, die eventuell unzuverlässigere Hardware aus dem Consumer-Bereich auffängt.
Skalierung, die grundsätzlich ein Vorteil von Diensten ist, die in der Cloud betrieben werden, spielt für eine normale Praxis keine Rolle. Es wird schlicht nicht vorkommen, dass aus einem Standort mit drei Ärzten "über Nacht" fünf Standorte mit 20 Ärzten werden. Und anders als bei "modernen" Webdiensten kann man MO serverseitig auch nicht einfach so ein paar zusätzliche Cloudinstanzen an die Seite stellen, auf die die zusätzliche Load dann gebalanced werden könnte. So funktioniert MO nicht.
Mit dem Betrieb eines Cloudservers macht man aus meiner Sicht ein großes Fass an Problemen auf, spontan fällt mir ein:
- Datenschutz - ist gewährleistet, dass nur in Deutschland gehostet wird?
- Ausfallsicherheit - hat die Praxis kein Internet, kann sie nicht arbeiten. Mit einem Server "on Premise" ist das kein Problem, selbst wenn dann die Online-TI-Dienste vorübergehend nicht funktionieren, kann man ansonsten normal arbeiten. Haben wir dieses Jahr für drei oder vier Tage gezwungenermaßen ausprobieren müssen, bis die Telekom die Leitung repariert hatte.
- Cloudrechenzentren stellen aufgrund der Konzentration von Daten/Diensten ein interessantes Angriffsziel dar. Eine einzelne Praxis dagegen wird als Angriffsziel kaum interessant sein. Üblicherweise dürfte eine einfache FritzBox als ausreichender Angriffsschutz gegen das Internet genügen, da im Normalfall sowieso keinerlei Dienste von außen erreichbar sein müssen.
Funktioniert das? (KIM, Konnektor,...)
Zugriff per RDP auf den Server dürfte problemlos funktionieren, damit auch die MO-Bedienung. Drucken? Kartenleser? Kosten?
- die grundsätzliche Anbindung wird wenig problematisch sein, man kann VPNs ja so einrichten, dass der Server zum ganz normalen Bestandteil des lokalen Netzes wird, auch wenn er ganz woanders steht (das muss er auch, da MO sich in einigen Teilen immer noch auf die WIndows-Dateifreigabe verlässt und deshalb der Server zum lokalen Netz gehören muss)
- Eine andere Frage ist aber die notwendige Performance der Anbindung - da MO sehr viele Datenbankoperationen immer noch client- und nicht serverseitig erledigt (z.B. Statistiksuchläufe), braucht man eine entsprechend gute Anbindung. Lokal würde ein 100 MBit-Netzwerk dafür nicht ausreichen, um performant arbeiten zu können. Man bräuchte also eine Standleitung mit 1000MBit/s symmetrisch ins Rechenzentrum, was immer noch recht teuer ist.
- Kartenleser sind heutzutage ja nicht mehr physisch mit dem PC verbunden sondern laufen über Netzwerk, also kein Problem
- Drucker sind heute oft als Netzwerkdrucker eingerichtet, auch kein Problem
- ich würde allerdings nicht unbedingt über eine RDP-Verbindung auf einem Server remote arbeiten wollen im Alltag - ich würde also diesen Server eher nicht als regulären Arbeitsplatz nutzen
VG Julian Hartig